Apothekerbetriebsverordnung – Temperatur-Nachweis für den Botendienst kinderleicht

Immer mehr

Die ApBetrO stellt Apotheker zunehmend vor strengere Regelungen, gerade in Sachen Temperaturüberwachung und -einhaltung. Was Apotheker hierbei beachten sollten und wie die Herausforderungen ganz einfach überwunden werden können erfahren Sie in diesem Artikel.

Die neue „Verordnung über den Betrieb von Apotheken“, Apothekenbetriebsordnung (kurz: „ApBetrO“) liest sich in Bezug auf die Regelungen des Botendienstes wie folgt:

Temperaturüberwachung wird immer wichtiger

Im Jahr 2019 wurde die ApBetrO bezüglich des Botendienstes als Regelleistung angepasst. Das hat vor allem den Zweck, den Botendienst in seinen Anforderungen an die Apotheken zu vereinheitlichen und gleichzeitig die Qualität sicher zu stellen. Das könnte für Apotheker zunächst mehr Aufwand bedeuten, doch der Botendienst bietet auch diverse Chancen: Dank bequemer Soft- & Hardware-Lösungen lassen sich Botendienst, Temperaturüberwachung und Nachverfolgung jetzt ganz einfach umsetzen.

Gerade in Bezug auf die Temperaturüberwachung sollten Apotheker das Thema Botendienst neu evaluieren. So plagen zum einem die zunehmend wärmeren Sommer, die schnell den unkritischen Bereich Ambient (15-25°C) zu einem überprüfungsrelevanten Bereich werden lassen. Zum anderen können die sehr häufig eingesetzten passiven Systeme bestehend aus einfachen Gel-/Eis-Akkus in Kombination mit Thermotaschen schnell zu unentdeckten Temperaturabweichungen führen. Dadurch kann es zu Anfang der Auslieferung schnell zu einer Temperierung der Medikamente unter den Gefrierpunkt kommen, gegen Ende können Medikamente aber schon zu warm werden.

Vor dem Hintergrund, dass immer mehr temperatursensible Medikamente auf den Markt drängen, wird die Temperaturüberwachung auch zunehmend relevanter. Denn einem Medikament können es Patienten nicht ansehen, ob es unter den richtigen Umgebungsbedingungen gelagert oder transportiert wurde. Außerdem lässt der Trend vermuten, dass auch die Regularien der Good Distribution Practice (GDP) bspw. auf den Botendienst ausgeweitet werden.

Welche Temperaturbereiche sind bei der Lagerung und Auslieferung zu beachten?

  1. Kühlkettenpflichtige (Anforderung: 2 – 8 °C zu jedem Zeitpunkt)
  2. Kühl zu lagernd (Anforderung: 2 – 8 °C zu Lagerzeiten, kurzzeitige Überschreitungen möglich)
  3. Nicht über Raumtemperatur lagern (Anforderung: 15 – 25 °C Ambient einhalten)
  4. Tiefkühl (-15 bis -25 °C) und Kryo (bis zu -196 °C)

Die Herausforderung: Medikamente zwischen 2 – 8 °C halten

Auf den ersten Blick erscheint das kühlkettenpflichtige Produkt die größte Herausforderung. Doch auch bei „kühl zu lagernden“ Medikamenten gelten strenge Regeln für das kurzzeitige Verlassen des Bereichs 2 – 8 °C, diese sind von Medikament zu Medikament verschieden und werden vom Hersteller festgelegt. So reicht es bei manchem Medikament aus lediglich bestimmte Temperaturspitzen zu meiden. Andere verlangen für die Lagerung eine Einhaltung sogenannter „Mean-Kinetic-Temperatures“, ein Temperaturintegral über die Zeit. Sämtliche Sonderregelungen müssen teils mühsam vom Hersteller, ggf. sogar unter Einzelfallentscheidungen erfragt werden. Daher empfehlen wir für die vollständigen Bereich 2 – 8 °C die Faustregel:

Auch kühl zu lagernde Medikamente, sollten wie kühlkettenpflichtige Medikamente behandelt werden.

Dieses Vorgehen erspart nicht nur zeitraubende Anrufe beim Hersteller, sondern auch verunsicherte Kunden und Diskussionen mit dem Patienten. Diese Rückfragen sind ein Kostenfaktor, der sich durch geeignete Systeme vermeiden lässt.

Auch “Ambient”/ Raumtemperatur wird zunehmend strenger geregelt

Betrachtet man den Bereich Ambient genauer, spielte dieser bis 2017 selbst im Pharmagroßhandel eine untergeordnete Rolle. Mit Verschärfung der GDP-Richtlinien wird aber auch diesem Bereich eine zunehmend größere Aufmerksamkeit gewidmet. Zwar stellt eine Einhaltung von 15 – 25 °C über den Großteil des Jahres eher kein Problem dar, so wird es in heißen Sommern und kalten Wintern jedoch zunehmend problematisch: Da gerade bei Ambient-Sendungen in der Regel keine Thermo-Verpackungen verwendet werden, kann es schnell zu Unter- oder Überschreitungen der geforderten Temperaturbereiche kommen.

Gibt es dann keinen Nachweis, gelangen Apotheker schnell in Erklärungsnot. Mit der richtigen Verpackung, dem richtigen Temperaturtracking und der richtigen Strategie kann jedoch auch dieses Problem einfach und kosteneffizient gelöst werden.

In den folgenden Abschnitten versuchen wir daher zu erklären, auf welche Parameter sowohl bei der Verpackung als auch dem Temperaturtracking geachtet werden sollte, um den Transport und Nachweis der Kühlkette im Apotheken Botendienst möglichst effektiv abzubilden:

Die richtige Verpackung

  • Hohe Temperaturstabilität und korrekter Temperaturbereich
  • Korrekte Vorkonditionierung und Packung
  • Nachhaltigkeit und Langlebigkeit
  • Einfache Integration und praktische Anwendung im Alltag

Offenporige Dämmstoffe vs. Vakuumisolationspaneele

Im Botendienst mit kurzen Auslieferzyklen (< 9 Stunden) war es im Allgemeinen ausreichend, auf sogenannte Low-Performance Verpackungslösungen auszuweichen. Bei diesen Isolationsmaterialen handelt es sich bspw. um offenporige Dämmstoffe, wie Styro- / Neopor-Einsätze für Transportboxen oder Transporttaschen kombiniert mit Eis- oder Gel-Kühlakkus.

Vorteile sind hierbei eindeutig der niedrige Beschaffungspreis sowie das niedrige Gewicht, von Nachteil ist die begrenzte Temperaturstabilität und hohe Verschleißanfälligkeit.

Für High-Performance Dämmstoffe werden häufig sogenannte Vakuumisolationspaneele (kurz: VIPs) genutzt. Diese erzeugen um einen Träger, z.B. Kieselerde, über eine evakuierte Folie ein Vakuum. Dadurch sind die Eigenschaften vergleichbar zu einer isolierten Thermoskanne. VIPs haben den Vorteil ermöglichen in Kombination mit PCM Kühlakkus eine enormen Laufzeit (bis > 100 Stunden) und eine Temperaturstabilität unabhängig von äußeren Einflüssen, jedoch haben sie ein größeres Gewicht, sowie einen höheren Anschaffungspreis.

Für den klassischen Botendienst von Apotheken empfehlen wir für den langlebigen Einsatz VIPs in speziell entwickelten Mehrwegbehältern mit eingesetzter Innenschale. Dies mindert nicht nur den Verschleiß, sondern erhöht zusätzlich die Hygiene, da die Innenschale getauscht bzw. gereinigt werden kann. Zwar liegt der Anschaffungspreis über einfachen EPS Einsätzen, doch ist die Temperaturstabilität die ausschlaggebende Kennzahl. Egal ob tiefwinterliche oder hochsommerliche Temperaturen, so kann gewährleistet werden, dass die Temperatur im Innern der Transportbox beständig bleibt.

Gel- und Wasser-Akkus vs. Phasenwechselakkus

Prinzipiell wechseln auch Wasser- und Gel-Akkus bei bestimmten Temperaturen die Phase, wie z.B. Wasser bei 0 °C von fest zu flüssig und umgekehrt. Phasenwechselakkus (auch Phase-Change-Materials, kurz: PCM) wechseln bei einem gewollt definierten Temperarturbereich die Phase. Dieser liegt im pharmazeutischen Bereich häufig bei 5 °C (für 2 – 8 °C Kühlkette) oder 20 °C (für 15 – 25 °C Ambient). Vorteil des Phasenwechsels ist, dass genau im gewollten Bereich eine hohe Energie durch den Akku aufgenommen wird, ohne dass der Akku signifikant wärmer wird. Das verdanken wir der sogenannten Schmelzenthalpie. Auf diese Weise kann trotz einströmender Wärme in die Kühlbox eine voreingestellte Temperatur lange und präzise gehalten werden, bevor diese wieder ansteigt.

Im Ergebnis sind PCMs nicht nur sehr temperaturstabil, sondern müssen in der Vorkonditionierung auch nur leicht unter die Phasen-Wechseltemperatur vorgekühlt werden. Dies ermöglich es, z.B. im Bereich Kühlkette (2 – 8 °C), die Akkus auch im normalen Apotheker- oder Haushaltskühlschrank bei ca. 2 – 4 °C vorzukonditionieren. Dies erspart für den ein oder anderen Apotheker die kostspielige Anschaffung eines Tiefkühlschranks für ein Tieffrieren auf unter -20 °C. Nachteil hingegen ist, dass für jeden Temperaturbereich ein eigener Akku verwendet werden muss, und z.B. ein 20 °C PCM im Bereich 2 – 8 °C keinen Laufzeitvorteil mehr erzielt.

Doch auch Wasser- und Gel-Akkus haben ihre Daseinsberechtigung. Vorteil dieser liegt vor allem in ihrem kostengünstigen Anschaffungspreis. So können bei richtiger Handhabung auch einfach Baumarktakkus genutzt werden, und verschiedenste Größen auf unkompliziertem Wege beschafft werden. Gerade im Einweg-Bereich und bei unkritischen Lieferungen können sie sinnvoll eingesetzt werden.

Nachteil hingegen ist, dass sie zur Erreichung der gewollten Laufzeit häufig auf den Niedertemperaturbereich vorkonditioniert werden müssen, was nicht nur einen Tiefkühlschrank voraussetzt, sondern auch eine große Gefahr im Rahmen der Packung der Kühlbox birgt: Berührt ein tiefgefrorener Kühlakku ein z.B. 2 – 8 °C zu temperierendes Medikament, kann dieses in

kürzester Zeit unter den Gefrierpunkt runter kühlen, was häufig die sofortige Unbrauchbarkeit des Medikaments bewirkt. Für Wasser- und Gel-Akkus empfehlen wir daher für PTAs, bzw. sämtliches Apothekenpersonal eine strenge Einhaltung sogenannte Standard-Operating-Procedures (kurz: SOPs), um ein falsches Packen von Kühlware in jedem Fall zu vermeiden. Zusammenfassend empfehlen wir für den Einsatz im Botendienst im Mehrwegbereich den Einsatz von PCMs. Zwar sind diese in der Anschaffung etwas teurer, jedoch muss häufig keine weitere Infrastruktur beschafft, bzw. komplizierte SOPs aufgesetzt werden. Durch das einfache Handling der Akkus können die Fehlerquellen reduziert und die Temperaturstabilität für lange Zeit gewährleistet werden.

Die richtige Temperaturüberwachung

  • Auswahl eines kalibrierten und zertifizierten Sensors
  • Korrekte Positionierung innerhalb des Systems
  • Vollständige und redundante Speicherung der Daten
  • Einfache Integration und praktische Anwendung im Alltag

Als Faustregel gilt: Je einfacher das Gesamtsystem, desto geringer die Fehlerquote im Alltag

Einfache Temperaturfühler vs. Pharma-Grade Temperaturfühler:

Prinzipiell gilt: Je geringer die Messungenauigkeit, desto besser kann auf die Daten des Sensors vertraut werden. In der Pharmaindustrie hat sich längst eine Toleranz der Messgenauigkeit von mind. +/-0.2 °C eingestellt. Dies nicht zuletzt, um die vorgeschriebenen Temperaturbereiche auch bestmöglich auszunutzen. So gilt im genannten Beispiel für einen Temperaturbereich von 2 – 8 °C, dass auch bei einer gemessenen Temperatur von bspw. 7,8 °C noch davon ausgegangen werden kann, dass das Medikament im korrekten Temperaturbereich gelagert wurde. Nutzt man hingegen einfache Haushaltsthermometer, so haben diese teils Abweichungen von -/+1,0 °C. Dies hat zur Folge, dass laut Messprotokoll der einzuhaltende Bereich unnötiger Weise von 2 – 8 °C auf 3 – 7 °C verkleinert!

Im Pharma-Bereich haben sich für die Kalibrierung von Sensorik längst der NIST-Standard, bzw. eine Kalibrierung in einem nach DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditiertem Labor durchgesetzt. Kalibriert wird häufig via „Einpunktmethode“, sprich mit einem kalibrierten Referenzwert, z.B. bei 20 °C. Für genaue Sensoriken, wie z.B. häufig im Bereich der klinischen Studien gefordert,

gilt sogar die „Dreipunktkalibrierung bei z.B. -20 °C, 5 °C und 20 °C. Nach Ausmessung des Sensors wird bei jeder Kalibriermethodik die gemessene Abweichung zum Messpunkt im Offset im Sensor einprogrammiert. Da die Kosten einer Dreipunktkalibrierung sehr hoch sind, und eine solche Kalibriergenauigkeit nach ApBetrO auch nicht explizit für den Botendienst vorgeschrieben ist, empfehlen wir eine zumindest werksseitig durchgeführte Temperaturkalibrierung auf Umgebungstemperatur. Auf diese Weise kann in den gängigen Messbereichen 2 – 8 °C und 15 – 25 °C eine Messgenauigkeit von +/-0,2 °C kosteneffizient gewährleistet werden.

Korrekte Positionierung innerhalb des Systems

Ein Sensor misst nur am dem Ort, an welchem er platziert wurde. Es ist daher essentiell wichtig, wo dieser angebracht wird. Eine Platzierung z.B. direkt am Kühlakku verfälscht das Gesamtergebnis des Systems fundamental. Um das Kühlsystem sicher auszumessen, gilt daher eine Positionierung des Sensors nach dem „Worst-Case-Szenario“. Wenn es an dieser Stelle zu keiner Überschreitung kommt, kann so davon ausgegangen werden, dass auch an keiner anderen Stelle die Temperatur überschritten wurde. Da wärmere Luft gegenüber kalter Luft aufsteigt, empfehlen wir daher eine Positionierung möglichst oben an der Seitenwand mit größtmöglichem Abstand zum nächst gelegenem Kühlakku. Auf diese Weise kann verhindert werden, dass der Sensor mit dem Deckel verloren geht, misst jedoch weiterhin am kritischsten Punkt.

Einmalindikatoren vs. Haushaltslogger vs. Pharmalogger

Indikatoren zeigen z.B. durch Verfärbungen, Farbwechsel oder Hologramme, ob eine bestimmte Temperatur überschritten wurde oder nicht. Diese Indikatoren sind häufig günstig und zeigen kurz vor Auslieferung zuverlässig an, ob die Temperatur korrekt eingehalten wurde. Problematisch ist hierbei der sichere Nachweis im Nachgang an die Auslieferung. So müsste das Ergebnis manuell in einer Liste festgehalten und zu Datensicherungszwecken im Anschluss abgeheftet werden. Dies bedeutet einen hohen Aufwand.

Haushaltslogger funktionieren nach demselben Prinzip, nur das sie häufig auf einem Display bei Ausladen der Ware die direkt herrschende Temperatur des Kühlsystems angeben und Überschreitungen hierdurch kennzeichnen. Da Haushaltslogger jedoch häufig die Temperatur nicht aufzeichnen, gilt auch hier der hohe manuelle Dokumentationsaufwand.

Pharmalogger messen die Temperatur nicht nur genauer, sondern speichern diese in der Regel auch ab. Die Daten können im Anschluss i.d.R. entweder durch USB, NFC, oder Bluetooth ausgelesen werden. Bei automatisierten Scan-Prozessen und Verknüpfung mit einer externen Datenbank, können die entstehenden Temperaturprotokolle sogar in eine Cloud-Anwendung oder auf den eigenen PC in der Apotheke direkt automatisiert hochgeladen werden und folglich auch mehrere Jahre nach Ausführung des Botendiensten den Behörden zur Verfügung gestellt werden.

Für den professionellen Einsatz empfehlen wir daher ausdrücklich den Einsatz von Temperaturloggern, die explizit für den Einsatz im Pharma-Umfeld entwickelt wurden. So können diese häufig nicht nur manuelle Prozesse minimieren und gleichzeitig eine höhere Messgenauigkeit erzielen. Durch die Dokumentation bleiben Sie vor allem auch über Jahre hinweg des Nachweises Ihrer Botendienste befähigt und können jeder Zeit und mit wenigen Klicks die Qualität Ihres Service enorm und kostengünstig verbessern.

Zusammenfassend gilt: Der korrekt ausgeführte Botendienst von temperaturempfindlichen Pharmazeutika und Medikamenten steht und fällt mit der Auswahl des richtigen Gesamtsystems, aus Datenlogger und Verpackungslösung. Ist das richtige System einmal korrekt eingerichtet, ist der Botendienst trotz umfassender Regularien ein leichtes und sicheres Werkzeug, was hoch automatisiert und kosteneffizient unter Einhaltung der höchsten Standards durchgeführt werden kann.